Mittwoch, 9. Oktober 2013

Die Kraft der Liebe

Hallo meine Bonbons,
vorgestern habe ich über die zwei Jugendlichen in Marokko geschrieben, die wegen eines Kussfotos verhaftet wurden. Um das Thema Liebe noch ein bisschen weiter zu führen, möchte ich euch heute von einer jungen Frau erzählen, für die die Liebe auch das Allerwichtigste war. Wer sich jetzt noch an mein Wort des Monats erinnern kann, weiß auch bestimmt schon, wer gemeint ist. Genau, Selma Meerbaum-Eisinger.
Selma wurde 1924 in Czernowitz geboren. Sie hatte eine Vorliebe für die deutsche Sprache und begann deshalb Gedichte zu schreiben. Gewidmet hatte sie ihre Werke ihrer ersten großen Liebe, Lejser Fichman. Manche Gedichte Selmas lassen vermuten, dass diese Liebe kaum eine Zukunft hatte, Lejser wollte auswandern um in Palästina das Glück zu finden. 
http://www.selma.tv/de/selma/
Bis jetzt ist diese Geschichte noch nichts Ungewöhnliches, es gibt schließlich tausende Frauen, die nicht mit ihrer ersten Liebe glücklich wurden und vielleicht auch mehr oder weniger gute Gedichte darüber schrieben. Doch die Geschichte dreht sich um 180°, wenn ich euch sage, dass Selma Jüdin war. Sie war Jüdin und lebte während der Zeit des dritten Reiches. Was das für sie bedeutete, muss ich wohl nicht sagen.. Selma flüchtete aus dem Ghetto, in dem sie leben musste, wurde aber verfolgt. Auch Lejser sah sie nie wieder, da er Zwangsarbeit leisten musste. Als Selma deportiert wurde, kann sie ihre Gedichte durch Umwege an Else Schächter weiterleiten, die es schließlich an Lejser gibt, für den es eigentlich bestimmt war. Als er 1944 fliehen will, gibt er den Gedichtband an eine gemeinsame Freundin weiter, die ihn für die Nachwelt aufheben soll, da Lejser nicht sicher sagen kann, ob er die Flucht überlebt. Er schaffte es bis ans Schwarze Meer, wo er mit 21 Jahren auf einem Schiff von den Sowjets versenkt wurde. Zu dieser Zeit ist seine Freundin Selma schon zwei Jahre tot. 1942 starb sie in einem Arbeitslager.
Heute gibt es 57 Werke dieser jungen Frau, keiner weiß, ob irgendwo noch Texte von Selma versteckt sind oder ob dies alles ist. 1968 veröffentlichte Heinz Seydel erstmals Gedichte von Selma, er dachte aber, dass es nur noch Zwei gäbe. In den 70ern wurden diese Gedichte von Jürgen Serke entdeckt, der später das Buch 'Ich bin in Sehnsucht eingehüllt' herausbringen sollte.
Manchmal scheint es mir, als ob Selma über ihr Schicksal Bescheid gewusst hätte. Ihre Gedichte sind so ehrlich. Sie sind voll Trauer, voll Hoffnung und auch voll Naivität.

Schlaflied für die Sehnsucht

O lege, Geliebter,
den Kopf in die Hände
und höre, ich sing' dir ein Lied.
Ich sing' dir von Weh und von Tod und vom Ende,
ich sing' dir vom Glücke, das schied.

Komm, schließe die Augen,
ich will dich dann wiegen,
wir träumen dann beide vom Glück.
Wir träumen dann beide die goldensten Lügen,
wir träumen uns weit, weit zurück.

Und sieh nur, Geliebter,
im Traume da kehren
wieder die Tage voll Licht.
Vergessen die Stunden, die wehen und leeren
von Trauer und Leid und Verzicht.

Doch dann - das Erwachen,
Geliebter, ist Grauen -
ach, alles ist leerer als je -
Oh, könnten die Träume mein Glück wieder bauen,
verjagen mein wild - heißes Weh!

Selma Meerbaum-Eisinger

_Marie_
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